Ausbremsen Synthetischer Kraftstoffe ist Betrug am Klima
„Hätten wir die Synthetischen Kraftstoffe in den letzten Jahren mit dem gleichen Ehrgeiz vorangebracht wie die E-Mobilität, sähe unsere Abhängigkeit von autokratischen Ländern bei den Kraftstoffen heute anders aus!“ Mit dieser Botschaft fasst der Landtagsabgeordnete Winfried Mack seine Diskussionsveranstaltung im AAccelerator in Aalen zum Thema Synthetische Kraftstoffe zusammen. Das ideologische Ausbremsen einer für die ganze Welt wichtigen Technologie führe laut Mack nicht zu einer Energiewende, sondern zu Stillstand: „Wir wenden uns in der Energiefrage hin und wenden uns her, aber bisher drehen wir uns im Kreis.“ Für alle Experten im Forum ist klar, dass die E-Mobilität nur ein Teil der Lösung sei.
Prof. Dr. Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut of Technology (KIT), bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen in Deutschland und Europa wieder Technologiefreiheit! Den Verbrennungsmotor wird es auch in Zukunft geben! Denken wir nur an Afrika oder Südamerika, wo es kaum eine E-Ladeinfrastruktur geben wird. Oder an Asien, wo der Verbrennungsmotor auch in Zukunft weiterentwickelt und produziert wird“. Die Frage sei damit, so Koch, ob der beste Verbrenner in Zukunft noch in Deutschland entwickelt werde oder eben in China. Koch kämpft seit Jahren für den Einsatz der Synthetischen Kraftstoffe als wichtige Technologiesäule und für die weitere Forschung und Entwicklung der Verbrennungsmotoren hier in Deutschland. Entscheidend für ihn sei immer auch die soziale Komponente. „Setzen wir ausschließlich auf das E-Auto, werden sich die, die bisher einen günstigen Gebrauchtwagen für wenige Tausend Euro gekauft haben, in Zukunft kaum noch ein vollwertiges Auto mehr leisten können. Diese günstigen Gebrauchten wird es dann einfach bei uns nicht mehr geben,“ und damit komme für viele in Europa auch das Ende der individuellen Mobilität, so Koch. „Genau deshalb, aus rein ideologischen Gründen, wollen manche ein faktisches Verbrenner-Verbot in der EU ab 2035 durchsetzen“, betont Winfried Mack. Dies müsse gestoppt werden.
Auch Björn Noack, Director Sustainable Mobility Strategy bei der Robert Bosch GmbH, sieht in diesem drohenden Verbotsbeschluss der EU eine weitreichende Wirkung. „Dieses Verbot bedeutet, dass die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in der EU ab 2035 nicht mehr verkauft werden dürfen. Entwickelt und produziert werden sie aber weiterhin, denn die weltweite Nachfrage bleibt bestehen“, so Noack, der gerade die weltweite Sicht auf die Erreichung der Klimaziele anmahnt. „Verabschieden wir uns hier von den Kompetenzen und Fertigkeiten, wird Deutschland als Automobilstandort für diese Antriebe abgehängt. Damit fallen Arbeitsplätze bei Herstellern und Zulieferern weg, die nicht im gleichen Maße durch Elektrofahrzeuge kompensiert werden können“, so der Bosch-Experte und macht klar: China wolle in Zukunft den besten Verbrennungsmotor bauen, noch könne das Deutschland.
„Die Entscheidung in der EU steht bald an. Darüber müssen wir, wie mit dieser Veranstaltung, die Bürgerinnen und Bürger jetzt informieren und den Druck gegen dieses Verbot aufbauen und die Risiken darstellen. Die CDU im Land ist klar gegen ein Verbrenner-Verbot“, betont der Landtagsabgeordnete.
„Die Tankfüllung ist das Problem, nicht der Motor“, betont auch der Innovationsmanager und Leiter des Innovationszentrums an der Hochschule Aalen, Dr. Andreas Ehrhardt. Er plädiert für mehr innovative Lösungen und sieht gerade Start-ups als Treiber der technologischen Zukunft. Derzeit gebe es in Deutschland 48 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor, weltweit 1,4 Milliarden, einschließlich der gesamten Infrastruktur. Für diese Fahrzeuge brauche es schnellstmöglich eine Lösung, um klimaneutral zu fahren. „Und für Lkw, Flugzeuge und Schiffe wird es in absehbarer Zukunft keine batterieelektrische Lösung geben, so dass auch hier eFuels eine klimaneutrale Lösung bieten können. Im Innovationszentrum gebe es bereits einige Start-ups, die im Bereich Nachhaltigkeit tätig sind – weitere sind herzlich willkommen!“, betont Ehrhardt.
Und dass es diese gibt, das kann Roland Weissert, Geschäftsführer der EDi Energie Direkt Hohenlohe, sogar zeigen. Seine Firma vertreibt seit sechs Jahren Synthetische Kraftstoffe und die Kunden – die diese tanken dürfen – sind begeistert. Die fragenden Blicke im Publikum kann er verstehen: „In Deutschland ist es nur wenigen Fahrzeugen erlaubt Synthetische Kraftstoffe zu tanken, z.B. Land- und Arbeitsmaschinen oder Fahrzeuge, die unter das „Saubere Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz“ fallen. Alle anderen müssen fossile Kraftstoffe tanken, obwohl es eine Alternative auf dem Markt gibt“, erklärt Weissert.
Für Winfried Mack ist das ideologische Ausbremsen der Synthetischen Kraftstoffe ein Betrug am Klima, denn „wir haben die Lösung, sie ist fertig entwickelt, marktreif. Wir müssen jetzt schnell die Rahmenbedingungen für einen Markthochlauf schaffen; durch ein Ende des Tankverbots und durch steuerliche Anreize“, so Mack.
Weissert stellt die vier Möglichkeiten zur Produktion Synthetischer Kraftstoffe vor: Strom, Biomasse, Erdgas und Altöle oder -fette. Aus letzterem wird der C.A.R.E.-Diesel hergestellt, der von EDi vertrieben wird. Speiseöle und -fette landen in Privathaushalten bisher meist im Abfluss oder Müll. Mit speziellen Sammlungen kann eine finnische Firma aus 1,2 Litern Altspeiseöl Kraftstoff für 20 km herstellen. Gespräche über den Start des Sammelprojekts im Ostalbkreis laufen bereits. „Nachhaltiges Recycling wird immer bedeutender und hier kann jeder einen Betrag leisten“, so Weissert.
Prof. Dr. Thomas Koch sieht gerade das Schlechtreden der eFuels, der aus grünem Strom gewonnenen Kraftstoffe, als großes Problem. In für alle Teilnehmer verständlichen Rechnungen erklärt er, warum die Synthetischen Kraftstoffe besser sind als ihr Ruf und warum sie in Zukunft unter einem Euro kosten werden. Dabei räumte er auch mit zahlreichen Mythen auf: „Der Wirkungsgrad der eFuels wird immer wieder stark kritisiert, dabei liegt er um den Faktor 2 bis 3 unter dem der E-Autos. Erneuerbaren Strom gibt es in den Sonnenwüsten und den windreichen Regionen der Welt im Überfluss, so dass der Wirkungsgrad eine nachrangige Rolle spielt. Dieser muss aber erstmal zu uns transportiert werden, denn in Deutschland können wir unseren Strombedarf für Mobilität, Heizen oder Industrie nie ohne Importe decken.“ Eine Stromleitung von Marokko oder Australien nach Deutschland werde es nicht geben. Also brauche man einen Energieträger, der zu uns transportiert werden könne. „Das sind eben die eFuels oder direkt der Wasserstoff. Der höhere Energieaufwand für die Produktion spielt keine Rolle, wenn der erneuerbare Strom im Überfluss vorhanden ist“, so Winfried Mack. Auch daher sei die Verteufelung dieser Technologie unverständlich.
Die weitere Abhängigkeit von anderen Ländern bereitete den Teilnehmern in der Diskussion Sorgen. Hier konnte Björn Noack aber Entwarnung geben, denn „wir werden bei den erneuerbaren Energien nicht mehr von wenigen Lieferanten abhängig sein, sondern können Wasserstoff oder eFuels bei vielen Ländern einkaufen.“ Für Winfried Mack ist das auch eine Chance, gerade für Afrika oder auch Südeuropa. „Der Exportschlager aus Süditalien wird in Zukunft nicht nur Olivenöl sein, sondern auch erneuerbare Energie“, so Mack.
Ein ganz praktisches Beispiel für die Produktion von Synthetischen Kraftstoffen lieferte Jürgen Thormann, verantwortlich für Neue Technologien bei SCHWENK Zement und Technischer Geschäftsführer bei Cement Innovation for Climate kurz CI4C. Die Zement-Industrie ist eine der energieintensivsten Branchen und gleichzeitig für ca. 7 Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen verantwortlich. Doch eine Welt ohne Zement ist undenkbar. Winfried Mack ergänzt, dass auch für das Fundament einer Windkraftanlage bis zu 100 Kubikmeter Beton benötigt werden. Jürgen Thormann erläutert weiterhin: „Wir können das CO2 nicht einfach wegdenken, sondern müssen innovativ überlegen, wie die 4 Milliarden Tonnen Zement, die weltweit pro Jahr produziert werden, klimaneutral am Markt bereitgestellt werden können“, so Thormann. In Mergelstetten soll daher eine vollkommen neue Anlage zur Zementproduktion entstehen. Vereinfacht gesagt, wird das bei der Zementproduktion entstehende CO2 eingefangen und für die Produktion von synthetischem Flugkerosin verwendet, das der Flughafen Stuttgart und andere dann abnehmen könnten. „CO2 wird somit zum Wertstoff und es entsteht ein nachhaltiger Kraftstoff für Flugzeuge“, betont Thormann.
Nach einer spannenden Diskussionsrunde, an der sich die gut 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer rege beteiligten, fasste Winfried Mack nochmals die Vorteile der Synthetischen Kraftstoffe zusammen: „Wir können hier auf bestehende Pipelines, Tankstellennetze und Motoren zurückgreifen. Weltweit bleibt der Verbrennungsmotor eine wichtige Option für die Mobilität – auch für die Logistik, Schifffahrt und Flugzeuge. Synthetische Kraftstoffe müssen Teil der Lösung sein.“ Es brauche eine Technologiefreiheit, damit Baden-Württemberg Industrieland Nr. 1 bleibe und gleichzeitig klimaneutral werde, betont Mack.