Ansiedlungsstrategie: Wie wird Baden-Württemberg wieder attraktiver Standort für Unternehmen?
„Es ist richtig, dass die Landesregierung die Ansiedlungsstrategie Baden-Württemberg neu ausrichtet. Neben effizienten Verwaltungsstrukturen und kurzen Wegen für Ansiedlungswillige müssen mit dieser Strategie aber auch die Weichen für die wesentlichen Standortfragen der Zukunft gestellt werden“, fordert Winfried Mack, Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaft, Arbeit und Tourismus der CDU Landtagsfraktion.
Welche Standortfragen dies sind, lässt sich entlang der Liste der Experten erschließen, die zur Anhörung gekommen waren. Mit dem Präsidenten des Gemeindetages Baden-Württemberg, Steffen Jäger, saß der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, Thomas Bopp auf dem Podium. Beide referierten zu Ansiedlungs- und Standortfragen und betonten dabei die hohe Bedeutung der Städte und Gemeinden für eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik. Dort werde Planung konkret, denn dort zeige sich, ob die Ausweisung etwa von Gewerbeflächen auch vor Ort mitgetragen werde. Unisono sprachen sich die beiden Verbandschefs für die Ausweisung von Vorhalteflächen im Land aus, um dann, wenn Ansiedlungswillige kämen, auch entsprechend schnell handlungsfähig zu sein. Dazu gehörten, so Bopp aber nicht nur Flächen, sondern auch die entsprechende Infrastruktur, wie etwa die Erschließung durch Straßen und Schienenanbindungen. Nur dann sei eine schnelle Ansiedlung möglich und ein Standort attraktiv. Hier müsse die öffentliche Hand auch dazu bereit sein, in Vorleistung gehen.
Mit insgesamt vier Experten zu den Themen Ansiedlung, Fachkräfte und Energie waren die IHKen des Landes bei der Anhörung vertreten. Die Bereitstellung von Energie und Arbeitskräften sind neben der Flächenthematik weitere wichtige Voraussetzungen, damit Baden-Württemberg im nationalen und internationalen Wettbewerb auch konkurrenzfähig bleibt.
AK-Vorsitzender Winfried Mack dazu: „Welche Bedeutung eine sichere Energieversorgung für die Wirtschaft hat, wird uns in diesen Tagen bewusst. Und sie wird durch die sukzessive Abkehr von fossilen Energieträgern noch dramatisch steigen. Die Wirtschaft fragt daher zurecht, „Wo wird die ganze erneuerbare Energie, die wir brauchen, künftig herkommen?“. Diese Frage müssen wir in Deutschland aber auch in Baden-Württemberg dringend beantworten“.
Ohne Wasserstoff wird es angesichts der ehrgeizigen Klimaschutzziele in Zukunft nicht mehr gehen, ist André Olveira-Lenz, Leiter der Geschäftsbereiche Innovation und Umwelt bei der IHK Südlicher Oberrhein, überzeugt. Viele Unternehmen könnten diese nur durch den Einsatz von Wasserstoff erreichen. Aus diesem Grund würde sich die Frage der Verfügbarkeit sehr schnell stellen. Die Verteilung von Wasserstoff erfordere nicht nur eine entsprechende Infrastruktur. Der Wasserstoff-Experte spricht sich auch für ein EU-weites Modell von Herkunftsnachweisen für zertifizierten Wasserstoff aus, welches die Unternehmen dabei unterstützen könnte, ihre Klimaziele zu erreichen. Um den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie hochzufahren brauche es zudem staatliche Anreize und den Abbau von Bürokratie.
Beim Thema Fachkräfte sprach sich die Referatsleiterin Bildungsrecht und Fachkräftesicherung der IHK Reutlingen, Isabell Wehinger, dafür aus, Kinder früh für MINT-Berufe und Ausbildungsmöglichkeiten zu begeistern, brachliegende Potenziale an Arbeitskräften insbesondere in Bezug auf Frauen, durch verbesserte Rahmenbedingungen bei Kinderbetreuung und Pflege zu aktivieren, weiterhin stark in Ausbildung und berufliche Weiterbildung zu investieren aber auch die Fachkräfteeinwanderung stärker in den Fokus zu rücken.
Mit Professor Prof. Dr. Michael Kaschke, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Karlsruhe Institute for Technology (KIT), Präsident des Stifterverbandes und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Carl Zeiss AG, war es dem Arbeitskreis Wirtschaft gelungen, einen ausgewiesenen und erfahrenen Experten für den Bereich Innovation zu gewinnen. Am Beispiel der Firma Zeiss machte Kaschke deutlich, wie sich ambitionierte Investitionen in Forschung und Entwicklung langfristig in echte Wertschöpfung und Technologieführerschaft umwandeln lassen. Die Firma Zeiss liege aktuell bei einer FuE-Quote von 13 Prozent.
Er forderte die Politiker auf, klare Visionen und Strategien für Innovationen im Land zu entwickeln und sich dabei auf Kerntechnologien zu fokussieren. Mit dem KIT in Karlsruhe, dem Cyber Valley in Tübingen oder etwa der Universität Heidelberg verfüge man bereits über einige Leuchttürme für Innovationen im Land. Er sprach sich zudem für einen verbesserten Austausch zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft aus. Es brauche mehr Motivation an den Hochschulen für den Transfer von Innovation in die Wirtschaft hinein. Dieser könne etwa durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen gelingen. Als Vorbild nannte Kaschke die angelsächsischen Länder, in welchen die Hälfte der Hochschulprofessoren in Start-ups investiert oder selbst unternehmerisch tätig wären. Genauso wichtig sei die Präsenz der Unternehmen an den Hochschulen.
„Wir werden nie Wasserstoff-Produktionsland Nummer 1, aber wir können weltweit wichtige Technologien zur Produktion von Wasserstoff liefern“, fasste Winfried Mack die Diskussion zusammen. Wichtig sei, beide Seiten sicherzustellen: „Die Innovationskraft unserer Hochschulen und Unternehmen ist die Basis für die Wertschöpfung der Zukunft. Ihnen müssen wir den Raum geben, den sie brauchen, um ihr Potenzial vollumfänglich zu entfalten.“. Die Aufgabe der politischen Akteure sei, so Mack, für attraktive Rahmenbedingungen zu sorgen. Deshalb sei beispielsweise die Energieversorgung für ihn als Wirtschaftspolitiker kein reines Thema des Umweltministeriums, sondern eine zentrale Frage von Ansiedlungspolitik. „Wir haben einige Hausaufgaben aus der Anhörung mitgenommen, die ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Arbeitskreis Wirtschaft in den kommenden Monaten angehen werde“, resümiert der CDU-Abgeordnete.