Stärkung der innovativen Verteidigungswirtschaft in Baden-Württemberg
Rede des Landtagsabgeordneten und wirtschaftspolitischen Sprecher Winfried Mack bei der Aktuellen Debatte "Unsere Freiheit verteidigen - Stabilität für die Zukunft unserer innovativen Verteidigungswirtschaft in Baden-Württemberg" am 12. März 2025.
Wenn wir in diesen Tagen über die Verteidigungswirtschaft und ihren Beitrag zu unserer Sicherheit sprechen, müssen wir zuerst klären, was wir genau erreichen wollen.
Wir müssen uns entscheiden:
Entweder wir setzen den Weg eines vereinten Europas fort. Dieser Weg begann mit Winston Churchills Rede 1946 in Zürich. Er führte über die Römischen Verträge, unseren NATO-Beitritt, den Fall des Eisernen Vorhangs und die deutsche Wiedervereinigung bis hin zu den Verträgen von Maastricht und Lissabon. 80 Jahre Frieden - Europa bedeutet Frieden!
Der Irrweg wäre: wir kehren zur Denke von Kaiser Wilhelm II. zurück, der Deutschlands Zukunft in einer Allianz mit Russland sah: deutsche Ingenieurskunst und russische Rohstoffe als Basis für eine Vormachtstellung über andere Völker. Diese Überheblichkeit führte uns in den Ersten Weltkrieg und die Katastrophen des 20. Jahrhunderts – mit Millionen Toten in fast jeder Familie.
Diese Denkweise Wilhelm II. findet heute wieder Anhänger, nicht nur unter „Reichsbürgern“, sondern auch bei ehemaligen Bundeswehrgenerälen wie Kujat und Wundrak – ein befremdlicher Umstand. Auch in der AfD und bei Wagenknechts Anhängern findet sich diese Haltung. Der ehemalige deutsche Marinechef Schönbach verstieg sich gar zu der Aussage, Deutschland brauche Russland, um gegen China zu bestehen – und damit seien Gebietsverluste der Ukraine hinzunehmen. Kurz darauf trat er zurecht zurück. Wir dürfen unseren Partnern nicht in den Rücken fallen, sondern müssen verlässlich bleiben. Ohne diese Verlässlichkeit droht Chaos – der Nährboden für neue Kriege.
Wer heute für die Wiederherstellung der Kriegstüchtigkeit Deutschlands als Teil der europäischen Verteidigungsfähigkeit eintritt, lehnt diese gescheiterte Denkweise des 19. Jahrhunderts ab.
Ja, Europa ist vielfältig, doch wir stehen zusammen. Papst Johannes Paul II., ein visionärer Baumeister des modernen Europa, verglich unseren Kontinent mit zwei Lungenflügeln: dem lateinischen Westen und dem griechisch-kyrillischen Osten. Der protestantische Norden ist inzwischen mit vollem Herzen Teil dieser Einheit. Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass das neutrale Schweden in die NATO strebt? Oder dass sich die orthodox geprägte Ukraine in ihrer schwersten Stunde besonders auf die nordischen Länder verlassen kann? Trotz unserer Unterschiede eint uns der Wille zur Verteidigung von Frieden und Freiheit auf dem gesamten Kontinent.
Deutschlands Entschlossenheit und konkreter Beitrag zu diesem europäischen Friedenskonzept sind, vorsichtig gesagt, ausbaufähig.
Die Finanzierung der dringend notwendigen Erhöhung unserer Verteidigungsbereitschaft ist unumgänglich – besonders da die Trump-Administration gezeigt hat, dass das Bündnis mit den USA nicht mehr als unumstößlich gilt. Deshalb ist eine Kreditaufnahme für Verteidigungsausgaben unvermeidlich.
Es ist richtig, die Schuldenbremse des Grundgesetzes für militärische Investitionen sofort zu lockern, um Recht und Freiheit zu verteidigen. Wir fordern die Landesregierung auf, dieser Notwendigkeit im Bundesrat zuzustimmen. Nur so können wir dazu beitragen, dass Europa nicht ins Chaos stürzt.
Als Parlamentsarmee muss die Bundeswehr mit den erforderlichen Haushaltsmitteln ausgestattet werden, um Deutschland zu verteidigen und potenzielle Angreifer abzuschrecken. Dazu gehört auch ein wirksamer Bevölkerungsschutz mit Reservekrankenhäusern.
Alle unsere Ressourcen und Fähigkeiten müssen nun gebündelt werden. Europa und Deutschland müssen ihre Wehrfähigkeit schnell wiederherstellen – nicht durch jahrelange Strategiedialoge, sondern durch glaubwürdige und wirksame Abschreckung.
Baden-Württemberg kann hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Unsere Soldatinnen und Soldaten müssen optimal ausgerüstet sein, um ihre Mission zu erfüllen und wohlbehalten zurückzukehren.
Was kann das Land konkret beitragen?
Baden-Württemberg ist ein industrielles Kraftzentrum mit allen Schlüsselbranchen, die für die Wehrfähigkeit Deutschlands und Europas essenziell sind.
- Luft- und Raumfahrt sowie Satellitentechnologie – von Hochleistungstriebwerken bis zur präzisen Navigation aus dem All.
- Optik, Feinwerktechnik, Photonik, Laser und Quanten Sensorik– unverzichtbar für Präzisionssensoren, Zielsysteme und modernste Kommunikationstechnik.
- Stahlwerke und Schwerindustrie – das Rückgrat für Panzerungen, Großgeräte und widerstandsfähige Infrastruktur.
- Fahrzeugbau – gepanzerte Fahrzeuge, Militärtransporter und hochspezialisierte Mobilitätslösungen.
- Motoren-, Maschinen- und Werkzeugbau – die Basis für leistungsfähige Antriebe, Robotik und industrielle Fertigung auf höchstem Niveau.
Mit dieser industriellen Stärke kann Baden-Württemberg entscheidend zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas beitragen.
Wir müssen Wirtschaft und Wissenschaft optimal vernetzen, unsere strategischen Cluster stärken und junge Talente dazu motivieren, an der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes mitzuwirken.
Europa ist für Baden-Württemberg Staatsräson. Als wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Hauptprofiteur Europas tragen wir eine besondere Verantwortung, diesen Kontinent und seine Werte zu verteidigen. Den Weg eines freien, friedlichen Europas müssen wir entschieden weitergehen.